Die Attraktivität der Ratsarbeit und wie wir sie vielleicht verbessern können
Die Attraktivität der Ratsarbeit und wie wir sie vielleicht verbessern können

- Die Volt-Fraktion hat vergangenes Jahr zusammen mit einer breiten Mehrheit im Rat und der Uni Bonn eine Initiative gestartet, um in Bonn mehr Menschen für die Mitarbeit in der Lokalpolitik zu begeistern. Diese Initiative wird inzwischen fraktionsübergreifend (Koalition und Opposition, Gruppen und Einzel-Stadtverordnete) von einer breiten Mehrheit im Rat mitgetragen und begleitet.
- Eine Kurzfassung der Studie "Attraktivität der Ratsarbeit" der Universität Bonn finden Sie unten.
- Die Volt-Fraktion Bonn hat alle interessierten Bürger:innen zu der öffentlichen Veranstaltung „Attraktivität der Ratsarbeit“ am 17. August 2023 um 19:30 Uhr im Stadthaus (Sitzungsraum 1) eingeladen.
- Präsentation vom 17. August 2023 im Stadthaus am Berliner Platz zum Download (5,9 Megabyte)
- Ausführliche Version der Studie "Attraktivität der Ratsarbeit" zum Download (820 kilobyte)
[4. August 2023] Pressemeldung der Volt-Fraktion zur Attraktivität der Ratsarbeit
Befragung von Bonner Kommunalpolitiker:innen: So (un)attraktiv ist kommunale Gremienarbeit in Bonn.
Schwierige Einstiegsmöglichkeiten, zeitaufwändige Arbeit und eine in Teilen aggressive Atmosphäre. So beurteilen Kommunalpolitiker:innen die Gremienarbeit in Bonn. Dies fand eine von der Volt-Fraktion initiierte Arbeitsgruppe gemeinsam mit der Universität Bonn in einer Umfrage zur Attraktivität kommunaler Gremienarbeit heraus. Die Veranstaltung am 17. August 2023 ermöglicht die Diskussion über Lösungsansätze zur Steigerung der politischen Teilhabe in Bonn.
(Bonn/01.08.2023) Eine von der Volt-Fraktion initiierte Arbeitsgruppe hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn eine Umfrage zur Attraktivität kommunaler Gremienarbeit durchgeführt. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Herausforderungen, die mit der politischen Arbeit in Bonn einhergehen.
Die Befragung richtete sich an alle derzeitigen und ehemaligen kommunalpolitisch aktiven Personen in Bonn, insbesondere Mitglieder und ehemalige Mitglieder des Stadtrats, der Bezirksvertretungen und kommunaler Ausschüsse. Zwischen dem 29. Juli und dem 26. August 2022 haben mehr als 60 % der aktuellen Mitglieder des Stadtrats und über 40 % der aktuellen Bezirksvertretungsmitglieder an der Befragung teilgenommen, was eine hohe Relevanz der Ergebnisse für die Bonner Kommunalpolitik gewährleistet.
Besonders alarmierend ist die Einschätzung der Kommunikation in den Gremien. Mehr als die Hälfte der Befragten beurteilen diese als umständlich, konkurrenzorientiert und aggressiv. Die Volt-Fraktion betrachtet diese Ergebnisse als wenig überraschend, da sie selbst 2020 als Neulinge in der Bonner Kommunalpolitik mit dem mitunter rauen Umgangston konfrontiert waren. Fraktionsvorsitzende, Friederike Martin, sagt dazu: „Schon in meiner ersten Ratssitzung war ich erstaunt über die Art und Weise, wie im Rat miteinander gesprochen wird. Das ist für uns keine Grundlage, um gute Politik für Bonn zu machen. Wir haben als kommunale Amtsträger:innen eine Vorbildfunktion! Wenn wir es nicht schaffen ordentlich miteinander zu diskutieren, wie können wir es von unseren Bürger:innen erwarten?“
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, wie notwendig der Bedarf nach einem neuen Politikstil ist, der auf Wertschätzung, Zuhören und Kooperation basiert. Friederike Martin führt dazu weiter aus: „Bei all den nicht immer optimalen Bedingungen, die man in der Kommunalpolitik vorfindet, haben wir eines selbst in der Hand: Wie wir miteinander umgehen! Ich bin zuversichtlich, dass ein respektvoller Umgang miteinander noch mehr Menschen dazu bewegen wird, sich politisch zu engagieren.“
Kurzversion der Uni-Bonn-Studie:
Attraktivität der kommunalen Gremienarbeit – Ausgewählte Ergebnisse einer Befragung der Kommunalpolitiker:innen in Bonn
Prof. Dr. Volker Kronenberg und Team, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn
Befragung
Zwischen dem 29. Juli und dem 26. August 2022 wurde eine anonymisierte Befragung zur Attraktivität kommunaler Gremienarbeit durchgeführt. Zielgruppe waren alle in Bonn kommunalpolitisch aktiven oder ehemals aktiven Personen – insbesondere Mitglieder und ehemalige Mitglieder des Stadtrats, der Bezirksvertretungen sowie der kommunalen Ausschüsse. Insgesamt haben 138 Fragebögen vollständig ausgefüllt – darunter mehr als 60% der aktuellen Mitglieder des Stadtrats und mehr als 40% der aktuellen Bezirksvertretungsmitglieder. Etwa 60% der Befragten sind männlich, knapp 40% weiblich. Der Anteil der Befragten mit Migrationshintergrund liegt bei 8%.
Rahmenbedingungen der Gremienarbeit
· Der Zeitaufwand für kommunalpolitische Tätigkeiten schwankt unter den Befragten stark. Etwa 30% der Befragten, vor allem in Stadtrat und Bezirksvertretung, wenden mindestens 20 Stunden, fast 30% hingegen weniger als 5 Stunden pro Woche für die Kommunalpolitik auf.
· Mit dem aktuellen Zeitaufwand kann etwa die Hälfte der Befragten ihre politischen Aufgaben gut bewältigen, der anderen Hälfte fällt dies schwer. Gut die Hälfte stimmt zudem der Aussage zu, dass dieser Zeitaufwand für ein reines Ehrenamt eigentlich zu groß ist. Dennoch würden, falls möglich, 62,5% der aktuellen Stadtratsmitglieder und 70% der Bezirksvertretungsmitglieder gerne mehr Zeit für die kommunalpolitische Tätigkeit aufwenden.
· Die Kommunikation in den kommunalen Gremien wird von mehr als der Hälfte der Befragten als eher umständlich und konkurrenzorientiert wahrgenommen, große Teile stellen zudem eine aggressive und wenig kompromissbereite Atmosphäre fest. Innerhalb der eigenen Fraktionen wird die Kommunikation positiver, aber auch nicht durchgehend wertschätzend und gleichberechtigt beschrieben.
Einstieg und Beteiligungshürden
· Der Einstieg in die Kommunalpolitik wird von den Befragten als sehr unterschiedlich schwierig empfunden. Als besondere Herausforderungen werden intransparente Strukturen und unklare Zuständigkeiten, die Komplexität kommunalpolitischer Themen sowie die schwierige Vereinbarkeit von Politik mit Privatleben sowie beruflicher Tätigkeit beschrieben. Auch die unzureichende Dokumentation und Weitergabe von Wissen sowie die fehlende Unterstützung durch die Verwaltung werden als zum Teil dauerhafte Hürden im kommunalpolitischen Alltag gesehen. Gut gelingt der Einstieg vor allem dann, wenn eine persönliche Einführung durch Kolleg:innen stattfindet und Fortbildungsmöglichkeiten bestehen.
· Besonders hohe Beteiligungshürden werden bei Menschen ohne politische Vorerfahrung oder Menschen mit geringer Bildung gesehen. Aber auch die Bedingungen für eine Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund werden nur von etwa 20% als gut angesehen. Am höchsten werden die Hürden für spezifische Gruppen – so etwa auch für Menschen mit Behinderung oder Frauen – unter den jeweils Betroffenen ausgemacht.
Ansatzpunkte für Verbesserungen
Verbesserungswünsche an den Bedingungen kommunaler Gremienarbeit werden vor allem in drei Bereichen genannt:
· Digitalisierung: Vielfach wird angeregt, die digitalen Tagungsmöglichkeiten, aber auch Informationssysteme auszubauen und zu modernisieren. Die Erfahrung mit Online-Sitzungen im Rahmen der Corona-Pandemie werden zwar nicht als durchweg, aber doch überwiegend positiv empfunden und als gute Möglichkeit zur besseren Vereinbarkeit von politischem Engagement und außerpolitischen Aufgaben angesehen.
· Sitzungseffizienz: Ein weiterer oft genannter Punkt ist die Organisation von Gremiensitzungen. Gewünscht werden eine effizientere Sitzungsleitung und klarere Vorgaben für die Beiträge sowie eine höhere Sitzungsdisziplin. Mehrfach kommen eine verbesserungswürdige Debattenkultur sowie eine gewünschte stärkere Sachorientierung zur Sprache. Generell wünschen sich einige Befragte kürzere und stringentere Sitzungen und familienfreundlichere Zeiten, was tendenziell einen früheren Sitzungsbeginn bedeutet.
· Professionalisierung: Ebenfalls vielfach wird angeregt, auf die gewachsenen Anforderungen insbesondere an die Ratsmitglieder zu reagieren und Wege der Professionalisierung zu beschreiten. Unter anderem wird vorgeschlagen, die Vereinbarkeit von Politik und Beruf zu verbessern und/oder das Tätigkeitsfeld kommunalpolitischer Ämter klarer zu begrenzen bzw. auf die Kernaufgaben zu fokussieren. Angeregt werden außerdem bessere Vertretungsmöglichkeiten etwa im Fall hoher beruflicher Belastung, bei längerfristigen gesundheitlichen Problemen oder familiären Verpflichtungen.